Außergewöhnliche Menschen werden mit gewöhnlichen Berufswegen nur selten glücklich. Gerade begabte, kreative, kluge, freiheitsliebende Menschen suchen oft jahrelang vergeblich oder immer wieder
neu ihren Platz oder ihre Erfüllung im Berufsleben. Die Suche nach der eigenen Berufung mischt sich nicht selten mit der Sorge:
Werde ich je irgendwo „ankommen“? Gibt es das überhaupt, was ich da suche? Stimmt irgendwas nicht mit mir, weil ich mich so schnell fehl am Platz fühle?
Die ewige Suche kann geradezu ein Indiz für ein ganz besonderes Potenzial bis hin zu einer unwissentlichen Hochbegabung sein. Denn:
Hochbegabte sehen ihren Job meist nicht einfach als Einkommensquelle, sondern wünschen sich, frei und selbstmotiviert an Aufgaben zu arbeiten, die ihnen wichtig sind. Sie möchten immer wieder Neues lernen, Dinge selbst erfahren und weiter entwickeln, statt auszuführen, was sich andere ausgedacht haben. Routine, mühsame Kleinarbeit, Zwang und Hierarchien widerstreben ihnen. Manche Hochbegabte ecken immer wieder bei Vorgesetzten und Kollegen an, weil sie in ihrer Arbeitsweise oder ihren Lösungsvorschlägen von der Norm abweichen... Oder ihr Wunsch, ihrer Berufung zu folgen, scheint sich nicht mit der Notwendigkeit des Geldverdienens vereinbaren zu lassen.
Für Hochbegabte, denen das Lernen immer leicht fiel, ist es ungewohnt, mit Misserfolgen umzugehen, und sie meiden Herausforderungen, bei denen sie versagen könnten.
Manchmal trauen sie sich große Dinge zu und sind sehr von sich und ihrem Können überzeugt – dann wieder, nach den geringsten Anlaufschwierigkeiten oder der geringsten Kritik, kehrt sich diese Überzeugung in ihr Gegenteil um und sie glauben, dass alle anderen besser sind als sie selbst. Hochbegabte sind meist perfektionistisch, würdigen kaum das, was ihnen mit Leichtigkeit gelingt, sondern haben oft vor allem im Blick, was sie nicht können und noch nicht wissen.
Gleichzeitig haben sie nicht selten die Erfahrung gemacht, dass sie für ihre oft gelungenen Leistungen viel Anerkennung erhalten und haben so erst recht Angst vor Fehlschlägen. Die Mischung aus Perfektionismus und starken Selbstwertschwankungen kann es Hochbegabten sehr schwer machen, sich an das heranzuwagen, was sie eigentlich von Herzen gern tun würden.
Oft sind die Talente und Interessen besonders begabter Menschen sehr vielseitig. Gerade deshalb tun sie sich aber so schwer damit, sich für eine Aufgabe zu entscheiden: Wenn sie ihre Karriere oder ihre Freizeit einem bestimmten Bereich widmen, was wird dann aus all den anderen Möglichkeiten?
Manchmal führt die Qual der Wahl bei vielseitig Begabten dazu, dass sie sich lieber für gar nichts als für das Falsche entscheiden oder auf eine ganze Reihe mit Begeisterung begonnener und dann doch frühzeitig abgebrochener Projekte zurückblicken. Ursprünglich weniger begabte Menschen, die sich dagegen schon lange auf ein Gebiet konzentriert haben, sind nun als erfolgreiche und mit ihrem Job zufriedene Experten/innen an ihnen vorbei gezogen – während sie selbst das Gefühl haben, alles ein bisschen aber nichts so richtig zu können.
Heute erwachsene Hochbegabte haben oft die Erfahrung gemacht, in der Kindheit und Jugend von ihren Eltern oder Lehrer/innen missverstanden und entweder über- oder unterschätzt worden zu sein. Sie sahen sich mit bestimmten Erwartungen und Vorstellungen dazu konfrontiert, was aus ihnen werden sollte:
Vielleicht wollten die Eltern, dass ihr Kind eine herausragende akademische Karriere macht oder der Sprössling sollte eben gerade nicht nach Höherem streben… Vielleicht waren Disziplin, Leistungsdenken, Sicherheit oder auch Bescheidenheit zentrale Werte, die dem jungen Menschen mit auf den Weg gegeben worden sind.
Oft zeigt sich, dass heute erwachsene Hochbegabte bestimmte Berufsträume hatten, die nicht zu diesen Werten passten, deren Verwirklichung man ihnen nicht zugetraut oder nicht gegönnt hat oder die niemand für realistisch hielt.
All dies mag inzwischen längst anders sein und die Eltern oder andere nahestehende Personen gönnen den Betreffenden von Herzen, dass sie ihren ganz persönlichen Weg gehen. Aber viele Hochbegabte haben die alten Erwartungen anderer so sehr verinnerlicht, dass sie bis heute einen lähmenden inneren Konflikt verspüren: Darf ich meinem Herzen folgen und tun, was ich wirklich will? Oder ist das nicht toll genug, zu einfach, zu riskant, zu hoch gegriffen?
Wer mehr als andere wahrnimmt, mehr denkt und mehr fühlt, braucht auch öfter Pausen, Ruhe, Erholung. Viele Hochbegabte sind nicht nur besonders intelligent, sondern auch besonders sensibel. Sie nehmen Lärm, Gerüche und Stimmungen besonders intensiv und manchmal als belastend wahr und fühlen sich durch eine hohe Arbeitsdichte und unvorhergesehene Herausforderungen schnell gestresst. Über Vieles denken sie intensiv nach, und wenn der Stress zu groß wird und echte Erholung fehlt, reagieren sie mit psychosomatischen Symptomen.
Da sie von sich selbst wissen, dass sie eigentlich intelligente und kompetente Menschen sind, verunsichert es sie, dass sie weniger belastbar zu sein scheinen als andere und sie trauen sich deshalb keine allzu großen Karrieresprünge zu.
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